Das Bürgergeld scheint auf den ersten Blick viele Vorteile zu haben. Es besteht kein Vermittlungsvorrang – also die zwanghafte Vermittlung in eine neue Beschäftigung – mehr und es werden sinnvolle Weiterbildungen gefördert. Somit bestehen bessere Möglichkeiten, die eigenen Ziele zu verwirklichen. Auf der anderen Seite besteht aber auch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Betroffenen.
1. Abschaffung des Vermittlungsvorrangs und Förderung von Coachings
Der Vermittlungsvorrang wurde abgeschafft, sodass das oberste Ziel der Jobcenter nicht mehr ist, den Erwerbslosen möglichst schnell in eine freie Arbeitsstelle zu vermitteln. Dies führte bisher dazu, dass es oftmals nur zu kurzfristigen Beschäftigungen kam, weil dem Arbeitssuchenden die nötigen Qualifikationen fehlten. Vielmehr wird nun auch bei den zu vermittelnden Leistungen darauf geachtet, dass eine langfristige Eingliederung in den Arbeitsmarkt erfolgt.
Die Agentur für Arbeit verbreitert ihr Förderspektrum und kann nun ein Coaching durchführen. Das Coaching kann aber auch von einem beauftragten Dritten, beispielsweise der econoomy, durchgeführt werden. Hier soll grundsätzlich die Beschäftigungsfähigkeit aufgebaut werden, wenn der Arbeitssuchende bestimmte Herausforderungen hat. Das Coaching kann auch während einer Beschäftigung erfolgen.
2. Mehr Geld für qualifizierte Weiterbildungen
Mit dem Weiterbildungsgeld soll es geringqualifizierten Erwerbssuchenden ermöglicht werden, eine abgeschlossene Berufsausbildung zu erhalten. Damit haben sie Zugang zu den besonders nachgefragten Berufen und zum Fachkräftearbeitsmarkt. Es herrscht immer noch ein Fachkräftemangel, dem auf diese Weise begegnet wird. Zukünftig erhalten die Teilnehmer einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung monatlich 150 Euro Weiterbildungsgeld. Die Voraussetzung ist, dass sie entweder arbeitslos sind oder aufstockende SGB II-Leistungen beziehen.
3. Bürgergeldbonus für Umschulungen
Bisher konnte eine Umschulung, die im Rahmen einer geförderten Weiterbildung absolviert wurde, nur zwei Jahre lang besucht werden. In dieser Zeit wurden teilweise nicht alle benötigten Qualifikationen erworben und die Umschulung führte nicht zur Integration in den Arbeitsmarkt. In Zukunft kann eine Umschulung drei Jahre besucht werden. Zudem bekommt der Erwerbssuchende für die Teilnahme an bedeutenden Maßnahmen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt monatlich 75 Euro.
4. Bessere Kooperation mit den Erwerbssuchenden
In Zukunft soll eine bessere Kooperation mit dem Erwerbssuchenden erfolgen, um ihn langfristig in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Tätigkeit zu seinen Fähigkeiten passt und auch dem Fachkräftemängel begegnet werden.
Neben den beschriebenen positiven Auswirkungen des neuen Bürgergelds, gibt es auch einige Punkte, die kritisch zu sehen sind.
1. Mitwirkungspflicht des Erwerbssuchenden
Der Erwerbslose muss sich in Zukunft mehr selbst bemühen und sich auf Vermittlungsvorschläge des Jobcenters bewerben sowie an Maßnahmen teilnehmen. Um die Weiterbildungen mit einem qualifizierten Abschluss muss sich selbst bemüht werden. Damit soll die Selbstverantwortung und die Vertrauensbeziehung zwischen Leistungsberechtigten und Sachbearbeiter gestärkt werden.
2. Vertrauensverhältnis nur über sechs Monate
Es gilt eine Vertrauenszeit von sechs Monaten, in der dem Bürgergeldbezieher garantiert wird, dass keine Anordnung der Maßnahmen erfolgt. In dieser Zeit beruht die Zusammenarbeit auf gegenseitigem Vertrauen. Wenn nach den ersten sechs Monaten die Absprachen zu Bewerbungen auf Vermittlungsvorschlägen und Teilnahme an Maßnahmen nicht eingehalten wurden, werden die Mitwirkungspflichten rechtlich verbindlich festgelegt.
3. Sanktionen bei Pflichtverletzungen
Wenn der Bezieher von Bürgergeld seine Pflichten verletzt, ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass die Behörde Sanktionen verhängt. Dazu gehört die Kürzung von Geldleistungen.
Fazit
Durch die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs und ein monatliches Weiterbildungsgeld hat der Erwerbslose bessere Chancen, langfristig in den Arbeitsmarkt integriert zu werden und eine Tätigkeit zu erhalten, die seinen Fähigkeiten entspricht. Es gibt zudem mehr Möglichkeiten, die eigenen Ziele zu verwirklichen. Da allerdings immer noch auf Vermittlungsvorschläge reagiert werden muss und das Vertrauensverhältnis nur für sechs Monate besteht, ist der Erwerbssuchende immer noch gebunden und die Geldleistungen können im Fall von Nichteinhaltung gekürzt werden.